Wahrscheinlichkeiten berechnen
Laplace-Wahrscheinlichkeit, Pfadregeln, Kombinatorik und Rechengesetze für Wahrscheinlichkeiten.
Warum Wahrscheinlichkeiten?
Wahrscheinlichkeiten begegnen uns überall: beim Würfeln, in der Medizin, bei Wettervorhersagen und in der Qualitätskontrolle. Die Stochastik gibt uns Werkzeuge, um Zufall zu quantifizieren und rationale Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen.
🎯 Was du lernen wirst
- • Laplace-Wahrscheinlichkeit bei fairen Zufallsexperimenten
- • Pfadregeln für mehrstufige Experimente
- • Kombinatorik: Zählen ohne aufzuzählen
- • Rechenregeln: Gegenereignis, Vereinigung, Schnitt
Laplace-Wahrscheinlichkeit
Wenn alle Ergebnisse eines Zufallsexperiments gleich wahrscheinlich sind (z.B. beim fairen Würfel), spricht man von einem Laplace-Experiment.
📐 Laplace-Formel
|A| = Anzahl der Ergebnisse im Ereignis A, |Ω| = Anzahl aller möglichen Ergebnisse
✅ Beispiel: Würfel
P(gerade Zahl) = ?
✅ Beispiel: Karten
P(Ass bei 52 Karten) = ?
⚠️ Achtung: Laplace funktioniert nur, wenn alle Ergebnisse gleich wahrscheinlich sind! Bei einem gezinkten Würfel gilt die Formel nicht.
Grundlegende Rechenregeln
Mit diesen Regeln kannst du Wahrscheinlichkeiten kombinieren und umrechnen:
1️⃣ Gegenereignis (Komplementregel)
Die Wahrscheinlichkeit, dass A nicht eintritt, ist 1 minus P(A).
Beispiel: P(mindestens eine 6) = 1 − P(keine 6)
2️⃣ Additionssatz (für disjunkte Ereignisse)
Wenn A und B sich ausschließen, addieren sich ihre Wahrscheinlichkeiten.
Beispiel: P(1 oder 2) = P(1) + P(2) = 1/6 + 1/6 = 1/3
3️⃣ Allgemeiner Additionssatz
Wenn sich Ereignisse überlappen, muss der Schnitt abgezogen werden (sonst doppelt gezählt).
4️⃣ Multiplikationsregel (für unabhängige Ereignisse)
Bei Unabhängigkeit multiplizieren sich die Wahrscheinlichkeiten.
Beispiel: P(zwei Sechsen) = 1/6 · 1/6 = 1/36
Pfadregeln bei Baumdiagrammen
Bei mehrstufigen Zufallsexperimenten (z.B. mehrfaches Ziehen) hilft das Baumdiagramm. Für die Berechnung gelten zwei wichtige Regeln:
📏 1. Pfadregel (Produktregel)
Die Wahrscheinlichkeit eines Pfades ist das Produktaller Wahrscheinlichkeiten entlang des Pfades.
➕ 2. Pfadregel (Summenregel)
Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses ist die Summeder Wahrscheinlichkeiten aller günstigen Pfade.
📋 Beispiel
Im Baumdiagramm oben: Was ist P(mindestens ein Erfolg)?
Günstige Pfade: 0,12 + 0,28 + 0,30 = 0,70 (oder: 1 − 0,30 = 0,70)
Kombinatorik: Zählstrategien
Um |Ω| und |A| bei komplexeren Experimenten zu bestimmen, brauchen wir systematische Zählmethoden:
🔢 Fakultät
Bedeutung: Anzahl der Möglichkeiten, n verschiedene Objekte anzuordnen.
Beispiel: 5! = 5·4·3·2·1 = 120, und per Definition: 0! = 1
🎯 Binomialkoeffizient ("n über k")
Bedeutung: Anzahl der Möglichkeiten, k Elemente aus n auszuwählen (ohne Beachtung der Reihenfolge).
Beispiel:
📊 Übersicht: Wann welche Formel?
| Situation | Formel |
|---|---|
| Anordnung von n verschiedenen Objekten | |
| Auswahl von k aus n ohne Reihenfolge | |
| Auswahl von k aus n mit Reihenfolge | |
| n-faches Ziehen mit Zurücklegen | (k Möglichkeiten pro Zug) |
Ziehen mit und ohne Zurücklegen
Bei Urnenexperimenten ist entscheidend, ob gezogene Kugeln zurückgelegt werden:
🔄 Mit Zurücklegen
- • Wahrscheinlichkeiten bleiben konstant
- • Züge sind unabhängig
- • Multiplikation der Einzelwahrscheinlichkeiten
Beispiel: Urne mit 3🔴 und 2🔵. Zweimal mit Zurücklegen ziehen.
P(2×🔴) = 3/5 · 3/5 = 9/25
📥 Ohne Zurücklegen
- • Wahrscheinlichkeiten ändern sich
- • Züge sind abhängig
- • Gesamtanzahl nimmt ab!
Beispiel: Gleiche Urne, ohne Zurücklegen.
P(2×🔴) = 3/5 · 2/4 = 6/20 = 3/10
Übungsaufgaben
Zusammenfassung
📝 Die wichtigsten Formeln
Laplace
Gegenereignis
Pfadregeln
Produkt entlang eines Pfades, Summe über alle günstigen Pfade
Binomialkoeffizient
⚠️ Typische Fehler vermeiden
- • Mit/ohne Zurücklegen: Genau lesen, was gefragt ist!
- • Reihenfolge: Ist sie relevant? Dann Permutation statt Kombination
- • Gegenereignis: Oft einfacher als direkt zu rechnen
- • Unabhängigkeit: Nicht automatisch annehmen – prüfen!